Bürgerlich-konservative Wende (Neoliberaler Raubtierkapitalismus)
Es gibt eine indische Legende, die gerne im Philosophieunterricht verwendet wird, um die Perspektivität von Wahrnehmung und Weltbild zu veranschaulichen. Blinde Menschen betasten einen Elefanten und streiten sich dann darüber, wie ein Elefant ist. Rüsselig! Nein, bauchig! Nein, elfenbeinig! So ist es auch mit der Wahrheit (mit Gott, der Religion, der Schönheit - „du Name es“). Allet relativ. Da ich grade Robert Pfallers „Erwachsenensprache“ lese und ein bisschen die Debatte um Dobrindts geistig-mora... äh also Wende verfolge: Die Wahrnehmung dessen, was ist, driftet schon elefantenarschweit auseinander. Bei Pfaller ist die Weltpolitik „neoliberal“, Deregulierung und Privatisierung allenthalben, Umverteilung nach oben, von Ungleichheit und Ausbeutung geprägt, 8 Leute besitzen blablablaoxfam, von US-Hegemonialstreben überzogen. Bei Liberalen ist die Weltpolitik korporatistisch-sozialistisch-etatistisch, Umverteilung allenthalben, aber dort, wo die Märkte freier sind, geht es den Menschen besser. Pfallers Lösung: Regulierung, mehr Staat, stärkerer Staat, Sozialismus, echte Umverteilung, fair share am „gesellschaftlichen Reichtum“ (sic!), mehr Kollektiv, weniger Ökonomisierung. Liberal-libertäre Lösung: Weniger Staat, mehr Markt, mehr Freiheit, Selbstbestimmung, Individuum. Blinde Menschen betasten einen Elefanten?
Ebenso bei dem Ruf nach einer bürgerlich-konservativen Wende: Für die einen ist die Republik linksgrünversifft, naja zumindest haben sich linksliberale Köpfe und Narrative in Schlüsselpositionen von Staat und Kultur etabliert, der Mainstream (ÖR, Presselandschaft, „Altparteien“) ist etatistisch-sozialistisch - Gleichheit ist oberster Wert, Umverteilung ist Tugend - geistig wie materiell. Gender mainstreaming, bürgerliche Werte werden lächerlich gemacht, unsere Kinder werden nicht mehr zu Ordnung, Fleiß und Sauberkeit erzogen und überhaupt: die Gesamtschule! Für die anderen ist und war die BRD nie links - Innenminister sprachen von der „linken Gefahr“, es gibt eine konservative Strukturmehrheit, echte Umverteilung findet nicht statt, Hartz IV, Ahenda 2010, Privatisierung, Medien hetzen gegen Ausländer, Frauen sind vom Patriarchat unterdrückt, nicht gleichgestellt, genderpaygapblablabla. Blinde Menschen betasten einen Elefanten?
Oder gibt es da eine objektive Wahrheit? Kann jemand sagen, wie der „Elefant an sich“ (Imannu L. E. Fant) ist?