J. J. Voskuils "Büro" - Joachim Feldmanns Roman des Jahres
Am 1. Juli 1957 wird der des Lehrerberufs überdrüssige Maarten Koning zum „Wissenschaftlichen Beamten im unteren Rang“ berufen. Sein künftiger Arbeitsplatz ist ein Büro für Volkskundliche Amsterdam. Er weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass dieses Büro für mehr als die nächsten drei Jahrzehnte sein Leben bestimmen wird. Dies ist umso tragischer, als er von der vollkommenen Sinn-und Nutzlosigkeit volkskundlicher Forschung überzeugt ist. (Das Büro beschäftigt sich unter anderem mit der unterschiedlichen Form von Dreschflegeln in den niederländischen Regionen, übrigens ein Thema, das Maarten Koning bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1987 beschäftigen wird.) Doch weder seine grundlegenden, nicht selten zu depressiven Schüben führenden Zweifel noch die ständige Nörgelei seiner Frau Nicolien, die mit ihm lieber ein Bohèmeleben geführt hätte, verhindern Konings Aufstieg in der wissenschaftlichen Hierarchie.
Der niederländische Autor J. J. Voskuil (1926 – 2008), dessen Biografie viele Parallelen zu der seines Helden aufweist, war selbst dreißig Jahre am Meertens-Institut für Volkskunde in Amsterdam beschäftigt. 1990 begann er damit, seine Aufzeichnungen in einen monumentalen Romanzyklus zu verwandeln, dessen sieben Bände zwischen 1996 und 2000 in den Niederlanden erschienen und zu unerwarteten Bestsellern wurden. Seit 2017 liegt „Das Büro“ komplett in deutscher Übersetzung vor und hat auch hierzulande begeisterte Leser gefunden. Ist es die Faszination des Immergleichen, die Menschen dazu treibt, immerhin etliche tausend Seiten mit Figuren von geradezu grotesker Alltäglichkeit zu verbringen? Mir ging es so. Kaum hatte der verdienstvolle Verbrecher-Verlag einen neuen Band angekündigt, musste ich ihn haben. Eifersüchtig registrierte ich, wenn andere Fans bei Facebook bereits von der Ankunft des Buchpaketes berichteten, während ich noch einen oder zwei Tage ausharren musste. Hielt ich das Buch dann endlich in Händen, war an andere Lektüre nicht mehr zu denken. Muss man das erklären? Vielleicht reicht ein Zitat aus dem siebten und letzten Band, „Der Tod des Maarten Koning“. „Es war noch hell, doch die Laternen waren bereits an, eine regelmäßige Reihe orangefarbener Lichter beiderseits des Wassers bis zum Turm der Westerkerk. Es rührte ihn. Wenn dies nun einmal der Sinn des Lebens wäre: die Beobachtung kleiner Variationen in immer demselben kleinen Teil der Welt, in dem man zufällig lebte.“
Joachim Feldmann ist Lehrer und Gelegenheitskritiker. Er ist Mitbegründer und Herausgeber der Literaturzeitschrift Am Erker